Abgeben, Veräußern und sonstiges Sichverschaffen von Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG

Zuletzt soll noch auf die verschiedenen Merkmale rund um die Übertragung der Besitzes von Betäubungsmitteln eingegangen werden, da diese sich sehr ähnlich und auf den ersten Blick schwer voneinander zu unterscheiden sind.

Unter Abgabe von Betäubungsmitteln versteht man die Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt über die Drogen auf eine andere Person zu ihrer eigenen freien Verfügung. Erforderlich ist, dass der neue Besitzer die Betäubungsmittel unabhängig verbrauchen oder weitergeben kann. An dieser Verfügungsmacht fehlt es, wenn Drogen zum sofortigen Verbrauch übergeben werden.

Werden Betäubungsmittel gegen ein Entgelt übergeben, so liegt die spezielle Variante des Veräußerns vor. Entgelt bedeutet dabei nicht immer, Drogen gegen Geld zu tauschen. Vielmehr ist jede Gegenleistung tatbestandsmäßig, die dem Wert des Betäubungsmittels entspricht. Dies können eingetauschte Zigaretten, jede Art von Hehlerware oder auch die Entlohnung für eine Dienstleistung sein.

Sobald hingegen ein Gewinn mit der Veräußerung erzielt werden soll, ist der Tatbestand des Handeltreibens erfüllt. Abgrenzungskriterium ist hier das Merkmal der Eigennützigkeit. Wer also bei der Veräußerung von Drogen Gewinn machen oder sich einen anderen Vorteil zu eigen machen will, der gibt nicht nur ab, sondern treibt Handel und läuft damit auch Gefahr, sich einer Qualifikation strafbar zu machen.

Der Grundtatbestand des Veräußerns hat auf den ersten Blick keine Qualifikationen. Wer allerdings Drogen entgeltlich veräußert, macht sich gleichzeitig dem weiteren Begriff der Abgabe strafbar, die nur einen Besitzwechsel erfordert. Auf diese Weise sind auch bei der Veräußerung alle Qualifikationen einschlägig, die für das Merkmal der Abgabe gelten. Hier reicht der Strafrahmen wieder von einer Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bei der Abgabe an Minderjährige (§29a Abs.1 Nr. 1 BtMG) oder der Abgabe in nicht geringer Menge (§29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) bis zur Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bei der gewerbsmäßigen Abgabe an Minderjährige (§ 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG) oder der Abgabe mit Todesfolge (§ 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG).

Beim Merkmal des Sichverschaffens von Betäubungsmitteln in sonstiger Weise hat der Gesetzgeber an eine ganz andere Konstellation gedacht. Umfasst werden sollen alle Fälle, bei denen nicht klar ist, ob die Betäubungsmittel mit Einverständnis übergegangen sind oder nicht. Gemeint ist das illegale Besorgen von Drogen ohne Rechtsgeschäft, etwa durch Diebstahl, Raub, Erpressung oder andere Straftaten. Auch wer Drogen, die ein anderer vorher weggeworfen hat, an sich nimmt, begeht eine Straftat im Sinne des Sichverschaffens. Wer sich Drogen in einer nicht geringen Menge verschafft und dabei eine Waffe oder einen zur Verletzung von Menschen geeigneten oder bestimmten Gegenstand dabei hat, muss nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG mit einer Freiheitsstrafe von nicht unter fünf Jahren rechnen.