Einzelfragen

Wie ist die Rechtslage, wenn Betäubungsmittel an Minderjährige weitergegeben werden?

Wer an eine minderjährige Person, die noch nicht 18 Jahre alt ist, Betäubungsmittel abgibt, ihr verabreicht oder ihr zum unmittelbaren Verbrauch überlässt, erfüllt den Tatbestand des § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG. Als Verbrechenstatbestand gilt hier eine Strafandrohung von einer Freiheitsstrafe von nicht unter einem Jahr. Diese hohe Strafandrohung wurde vom Gesetzgeber geschaffen, um dem Schutz der Jugend im Umgang mit Betäubungsmitteln zu fördern und zu gewährleisten. Anders als bei dem Grundtatbestand des § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG erfasst das Abgeben hier jede Art der Weitergabe, egal ob sie entgeltlich, unentgeltlich oder eigennützig ist. Entscheidend ist allein, dass der Minderjährige die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Drogen hat. Der Tatbestand kann allerdings nur von jemandem erfüllt werden, der schon 21 Jahre alt ist. Wer sich beim Dealen nicht über das Alter seiner jung aussehenden Kundschaft informiert, muss zumindest mit der Möglichkeit rechnen, dass es sich um Minderjährige Personen handelt. Allein die Unkenntnis des Alters schützt vor Strafe nicht. Wichtig ist auch, dass aus Jugendschutzgründen die Art oder Menge der Betäubungsmittel überhaupt keine Rolle für die Strafbarkeit spielt. Auch wer einem Minderjährigen nur einen minimalen Teil weicher Drogen gibt, macht sich strafbar.

 

Das Gesetz belegt das Handeln als Mitglied einer Bande mit einer höheren Strafandrohung. Wann spricht man von einer Bande?

Wer Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt und dabei als Mitglied einer Bande handelt, sieht sich nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 BtMG einer Strafandrohung von nicht unter zwei Jahren Freiheitsstrafe ausgesetzt. Das bedeutet auch, dass eine Bewährungsstrafe in diesem Fall nicht mehr möglich ist. Noch schlimmer wird es, wenn der Vorwurf des bandenmäßigen Anbaus, Herstellens, Handeltreibens, der Ein- oder Ausfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 30 a Abs. 1 BtMG im Raum steht. Denn hier handelt es sich um eine Strafandrohung von nicht unter 5 Jahren. Doch wann liegt eine bandenmäßige Begehung vor?

Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Bande ein Zusammenschluss von mindestens drei Personen, die sich ausdrücklich oder konkludent mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen. Keine Rolle spielt, ob es sich bei der Bande um professionelle oder gar internationale Drogenhändler handelt. Auch der kleine Zusammenschluss im Dorf erfüllt den Begriff der Bande. Von einer Bande kann man allerdings nicht sprechen, wenn ein Mitglied verkauft und ein anderes Mitglied die Drogen von diesem kauft. Vielmehr müssen die Bandenmitglieder zusammen auf der Käufer- oder Verkäuferseite zusammenwirken. Dabei kommt es nicht auf die Rollenverteilung oder Struktur in der Bande an. Sowohl der untergeordnete Gehilfe als auch der Chef der Bande gelten gleichermaßen als Mitglieder. Das Merkmal der Dauerhaftigkeit erfordert kein Handeln über einen ganz genau festgelegten Zeitraum und keine Regelmäßigkeit. Wer allerdings nur für einen kurzen Zeitraum als eine Art Vertreter für ein anderes Bandenmitglied einspringt, wird dadurch nicht automatisch selbst zum Mitglied. Wichtig ist auch, dass der Vorwurf des bandenmäßigen Verhaltens nur in Betracht kommt, wenn mehrere Straftaten begangen werden sollen. Wer sich hingegen von Anfang an nur zusammenschließt, um eine Straftat zu begehen, handelt nicht bandenmäßig. Im Betäubungsmittelstrafrecht ist zudem nicht erforderlich, dass zwei der Bandenmitglieder örtlich und zeitlich Zusammenwirken. Vielmehr entspricht eine Mitwirkung zweier Mitglieder am Tatort nicht der Realität des Drogengeschäftes, da es hier sicherer ist, einzelnen Personen jeweils einen bestimmten Posten zuzuweisen, um die Entdeckungsgefahr zu verringern.

 

Was passiert, wenn Betäubungsmittel in meiner Wohnung gefunden werden und ich die Wohnung nicht allein bewohne?

Wenn Betäubungsmittel in Ihrer Wohnung gefunden werden, wird das Ermittlungsverfahren regelmäßig auch auf alle Mitbewohner des Hauptverdächtigen ausgedehnt. Dies gilt sowohl für Wohngemeinschaft als auch für Ehen oder Lebenspartnerschaften. Das bedeutet jedoch nicht, dass jeder, der die betroffene Wohnung bewohnt, sich gleichzeitig des Drogenbesitzes strafbar gemacht hat. Vielmehr kommt es auf die tatsächliche Sachherrschaft an. Bei Wohngemeinschaften ist es nicht unüblich, dass Gegenstände nicht zur Verfügung aller Bewohner stehen, aber auch in einer Ehe kann es persönliche Gegenstände geben, über die nur ein Ehepartner verfügen kann. Wer weiß, dass sein Partner in der Wohnung Drogen lagert oder anbaut, dies aber missbilligt oder damit nicht einverstanden ist, macht sich nicht wegen Besitzes strafbar. Denn das bloße Tolerieren des Besitzes führt nicht zur eigenen Sachherrschaft.

Kann ich zur Rechenschaft gezogen werden, wenn ein Drogenkonsument, der Drogen von mir bekommen hat, an den Folgen des Konsums stirbt?

Nach § 30 Abs. 1 Nr. 3 BtMG macht sich auch derjenige strafbar, der Betäubungsmittel abgibt, einem anderen verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überlässt und dadurch leichtfertig dessen Tod verursacht. Dies ist für das Strafrecht generell ungewöhnlich, weil hier der Grundsatz der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung gilt. Nach diesem Grundsatz macht sich derjenige, der sich selbst bewusst und in Kenntnis des eingegangenen Risikos gefährdet, nicht strafbar. Auch derjenige, der eine solche Tat ermöglicht oder fördert, ist straffrei. Im Betäubungsmittelstrafrecht gilt dieser Grundsatz allerdings nicht uneingeschränkt. Das liegt daran, dass das Gesetz nicht nur die Gesundheit des Einzelnen, sondern auch die sogenannte Volksgesundheit schützt. Ziel des Gesetzes ist die Verhinderung von Schäden, die sich aus einem übermäßigen Konsum von Drogen für die Allgemeinheit ergeben können. Das Rechtsgut der Volksgesundheit schützt also nicht nur den Einzelnen, sondern auch die Allgemeinheit. Dies führt wiederum dazu, dass der Einzelne keine Dispositionsbefugnis über das universale Rechtsgut der Volksgesundheit hat. Wer also Betäubungsmittel an andere abgibt, kann sich nicht darauf berufen, dass der Konsument sich willentlich und bewusst selbst gefährdet hat.

Eine Verantwortlichkeit für etwaige Folgen des Drogenkonsums kann sich zudem auch aus einer Garantenpflicht ergeben. Eine solche kann entstehen, wenn der Konsument nach der Einnahme der Betäubungsmittel bewusstlos wird, weil durch die Hingabe des Betäubungsmittels eine Gefahrenlage geschaffen wurde. Es besteht dann die Pflicht ärztliche Hilfe zu holen, selbst wenn man sich damit einer eigenen Strafbarkeit wegen Drogendelikten aussetzt. Der Bundesgerichtshof (BGH) begründet dies damit, dass der Konsument sich zwar selbst gefährdet, sich aber wohl regelmäßig nur selbst schädigen, nicht aber töten will. Mit der Bewusstlosigkeit entsteht dann die Hilfspflicht für denjenigen, der die Betäubungsmittel hingegeben hat. Auch eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tötung kommt in manchen Fällen in Betracht. So hat der BGH eine fahrlässige Tötung in einem Fall bejaht, in dem das Opfer eigentlich Kokain konsumieren wollte und von dem Dealer versehentlich Heroin bekam, an dessen Folgen es verstarb.